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Ist das die Zukunft der Speisekarte?

Eingetragen am 2010-02-06 19:33 von Thorsten Sommer unter #blogging.

Jetzt war es endlich soweit: Ich habe das erste Mal eine elektronische Speisekarte „in Händen gehalten“ – bei einem Kurztrip nach London hat mich einer meiner besten Kumpels in das inamo entführt. Das ist (nach eigener Aussage) „a pioneering Oriental fusion restaurant and bar where the control of the dining experience is placed firmly in your hands. [ … ] At the core of Inamo is our interactive ordering system. Diners place orders from an illustrated food and drinks menu projected on to their table surface.“

Und so sieht das aus:

Unten rechts sind Touchpad und „Maustaste“ erkennbar, darüber wird das Menü (des Computers) projiziert, links ein flacher Platzteller (aus Plastik) mit obenliegenden Stäbchen (schließlich ist man hier beim Asiaten), auf den teilweise Bilder der Gerichte projiziert werden. Die dahintersteckende Technologie ist bestechend einfach: Unter der Decke sind Beamer montiert, das Ganze ist eine Windows-Applikation. Aber wie fühlt es sich als Speisekarte an?

Naja, ich muss sagen: Der Gag ist für Sammler wie mich erstmal ganz nett. Techies werden auch begeistert sein. Weil es letztendlich nicht schlecht gemacht und einfach cool ist, wird es wohl weiter funktionieren. Im Vergleich zu einer „richtigen“ Speisekarte ist das System aber zu langsam. Ich habe mehrere Minuten gebraucht, um mich Gericht für Gericht durch das Angebot zu klicken. Schneller Überblick über z. B. die Weinliste funktioniert halt nicht. Auch die Suche nach dem letzten Gericht, das einem so gefallen hat, klappt nicht. Als optische Anker reichen die kleinen Icons für Gelgenheitsnutzer halt nicht. Die Beamer liefern ein eher unscharfes, niedrig aufgelöstes Bild. Man kann erkennen, worum es geht, aber echte Food-Fotos machen da eindeutig mehr Appetit – auch weil letztere sehr viel kontrastreicher rüberkommen. Und das, obwohl der ganze Laden offensichtlich um das Tisch- und Kartenkonzept herumgebaut worden ist.

Das Publikum in diesem Laden ist übrigens bemerkenswert jung – soll heißen, dass an diesem Abend niemand wesentlich über 40 war. Und Reservierungen im 90-Minuten-Takt deuten darauf hin, dass die Beliebtheit (noch) groß ist. Ob das im pulsierenden Herzen von Soho langte so bleibt, muss sich noch beweisen.

Ist das die Zukunft der Speisekarte (über die ich mich ja schon 2002 geäußert habe)? Da bleibe ich doch lieber bei meiner damaligen Meinung: Das haptische Erlebnis fehlt mir einfach, die Usability ist für einen Genießerabend dann doch abträglich. Zu einem Candlelight-Diner würde ich ganz bestimmt nicht kommen. Aber gesehen muss man es wohl mindestens einmal haben.

PS: Der größte Nachteil dieser Karten: Ich kann sie weder hier in der Galerie zeigen noch in mein Regal stellen ;-)

tags
#speisekarten #zukunft

Ein Kommentar:

Trackback: Tische als Speisekarten – nächster Versuch ] Vor ein paar Jahren brauchte es noch Beamer und Windows – heute könnte Touch die Lösung sein:

Speisekarten-Blog, 2014-03-04 16:07